Masterclass Nähen

Dieses Buch ist aufgebaut wie ein Nähkurs über vier Jahreszeiten. Nach und nach kann man verschiedene, besondere Techniken lernen. Man sollte schon recht gut nähen können, da nur diese eine Technik jeweils mit Fotos Schritt für Schritt bebildert und erklärt wird. Der Rest der Anleitung ist nur knapp beschrieben. So ist z.B. die erste Anleitung eine Paspeltasche als Eingrifftasche für eine Hose. Die lockere Bundfaltenhose ist natürlich auch nicht leicht zu nähen, die Anleitung dürfte geübten Schneider*innen jedoch ausreichen.

Zu jeder Jahreszeit gibt es drei Techniken anhand jeweils eines Modell. Da sind z.B. Biesen, eine Muschelkante oder ein verdeckter Reißverschluss. Sehr praktisch sind die Übersichtseiten mit Zuschneideplan, Stoffverbrauch und Modellskizze. Die Schnittmuster sind hinten im Buchdeckel eingesteckt. Es gibt die Größen 34 – 48. Das Papier ist nicht zu dünn und die Linien sind schön deutlich und farbig gedruckt, sodass man die Schnittmuster gut abpausen kann.

Meine Kritik:

  • Die Fotos der Anleitungen sind manchmal recht klein bzw. nicht nah genug fotografiert und zu dunkel, sodass man schwer erkennen kann, wo man genau nähen soll.
  • Manche Schritte sind seltsam erklärt bzw. doppelt, wie beim Webeinsatz, der zweimal rundherum mit der Overlock genäht werden muss.
  • Die Modelle sind sicher Geschmackssache. Sie passen gut zueinander und sind eher für die „schicke Frau“ bzw. fürs Büro gedacht. Allerdings gibt es da die Jacke mit den Cargotaschen auf Brust und Hüfte. Die ist wirklich merkwürdig und sieht vermutlich selbst bei sehr schlanken Frauen seltsam aus.

Fazit: Dieses Buch richtet sich an erfahrene Näherinnen, die spezielle Techniken lernen wollen und gerne etwas schickere Garderobe tragen. Dafür gibt es geballtes Wissen gut erklärt und viele schöne Schnittmuster.

Ayse Westdickenberg.: Masterclass Nähen. Stiebner 2023

ISBN 978-3-8307-2121-5

Und morgen ein neuer Tag

Mehr als drei Jahre ist Meredith nicht mehr aus dem Haus gegangen. Sie lebt mit ihrem Kater Fred in einer kleinen Wohnung in Glasgow. Sie arbeitet als Texterin – von zuhause – und kocht, backt, putzt und puzzelt, um sich die Zeit zu vertreiben. Die Tage vergehen schnell, auch wenn man nicht rausgeht. So denkt sie hin und wieder. Nach und nach erfahren wir, wie schlecht es ihr wirklich geht. Und welche Erfahrungen sie als Kind machen musste, die sie so sehr prägen. Doch Meredith hat eine sehr gute Freundin, die sie unterstützt. Außerdem gibt es die Online-Therapeutin. Und neuerdings hat sie Tom, der kommt, damit sie sich unterhalten können. So bekommt ihr Leben ganz langsam eine kleine Wendung und Meredith beginnt, sich ihren seelischen (und körperlichen) Verletzungen zu stellen.

Es ist unglaublich, wie detailliert und tiefgründig Claire Alexander das Leben von Meredith erzählt. Es sind die kleinen Dinge, wie die Eissorte, die „Mer“ und ihre Schwester als Kinder so gerne aßen oder das Herumstreichen des Katers um ihre Beine „in kleinen Achten“. Aber auch die Beschreibungen der Panikattacken oder des Gefühls, nicht gut genug zu sein… Solch ein glaubwürdiger, tiefer Einblick in die Gedanken und Gefühle eines Menschen gelingt nicht vielen Autoren. Darüberhinaus gibt es viele kleine humorvolle Momente, denn die Protagonistin ist witzig und unglaublich sympathisch.

Fazit: Mein Buchtipp für dieses Frühjahr! Ich bin begeistert von diesem Buch und hoffe, es findet noch viele Leser*innen. NIcht nur, weil es einen besonderen Blick auf Betroffene von Angststörungen, Panikattacken und Traumata wirft. Sondern weil es so unglaublich gut geschrieben wurde.

Claire Alexander: Und morgen ein neuer Tag. Goldmann 2023

ISBN 978-3-442-49433-0

Die Reporterin

Zwischen den Zeilen

Journalistin sein, das will Marie-Luise unbedingt. Doch es ist 1962 und die Eltern erwarten, dass sie in der Familien-Drogerie arbeitet. Ein Studium soll ihr zudem das Fundament zu Forschung und Entwicklung für Kosmetika geben. Marie aber gelingt der Schritt in die Welt des Journalismus. Sie darf ein Praktikum beim „Tag“ machen. Heimlich arbeitet sie dort und lernt schnell dazu. Bald verliebt sie sich, zieht von zuhause aus und beginnt ihr neues Leben. Doch die Eltern verstoßen sie. Maries Arbeits- und Privatleben ist nicht einfach und zugleich so spannend und aufregend, wie sie es sich gewünscht hat. Ihr Wunsch-Ressort ist der Feuilleton und sie schafft es, dank ihres Mentors, dort einzusteigen.

Teresa Simon ist eine erfahrene und erfolgreiche Autorin, der es gelingt, ihre Leser*innen direkt in die Welt der Protagonistin eintauchen zu lassen. Gleich fiebert man mit, will mehr wissen und miterleben. Die Figuren sind interessant, mal sympathisch und mal richtige Kotzbrocken, aber immer lebendig. Der einzige Stolperstein beim Lesen sind einige Zeitsprünge. Einige Szenen, die am Ende von Kapiteln die Spannung aufbauen, werden erst mitten im nächsten Kapitel aufgelöst und tauchen dort nur als kurze „Meldung“ auf, obwohl sie so wichtig aufgebaut wurden. Das irritiert etwas- Die Autorin hätte gerne ein paar der Promi-Interviews etwas kürzer halten und stattdessen, die spannend aufgebauten Szenen ausbauen können. Doch es ist nicht weiter schlimm, denn Marie erlebt so viel, dass man eh schon neugierig auf die nächsten Abenteuer ist. Und am Ende des Buches freut man sich direkt, dass es eine Fortsetzung geben wird.

Fazit: Ein spannender und informativer sowie unterhaltsamer Einblick in die 60´er Jahre und in das Leben einer jungen Frau, die sich als Journalistin durchsetzt.

Teresa Simon: Die Reporterin. Heyne 2023

ISBN 978-3-453-42407-4