Die neue Lust am Tabu
Wie soll ich mich noch normal unterhalten, wenn ich dauernd nachdenken muss, welche Begriffe ich verwenden darf? So fragt sich manch ein Mensch. Andere provozieren bewusst, um Diskussionen anzuregen oder Sprache als besetzt von Tabus darzustellen. Doch tatsächlich darf man zumindest hierzulande fast alles sagen. Es ist nur die Frage, ob und wen man evtl. verletzt, herabwürdigt oder beleidigt. Und man muss mit Reaktionen rechnen.
Der Autor macht unter anderem deutlich, dass allein die Sprache nicht Grund für Traumata ist. Vielmehr gilt es zu erkennen: „In einer Atmosphäre der vorauseilenden Verletzlichkeit wird Leid quasi unvermeidlich.“ (S.44). Dazu kommt, dass rechts orientierte Politiker*innen Tabus bewusst herbeireden, „um sich als Freiheitskämpfer zu inszenieren“. (Klappentext)
Statt immer mehr sprachlichen Tabus zu folgen, ist es sinnvoller, Aussagen zu hinterfragen (denn es ist nicht automatisch richtig, was öffentlich häufig wiederholt wird) und herauszufinden, was der Wahrheit am nächsten kommt.
Fazit: „Sprachliche Tabus gehören zum Zusammenleben dazu.“ (S. 82) Sie helfen uns Regeln zu erkennen, Menschen einzuordnen und sind trotzdem nicht allgemeingültig. Dieses Buch gibt viel Input zum Nachdenken und Diskutieren.
Steve Ayan: Was man noch sagen darf. Carl-Auer 2022
ISBN 978-3-8497-0453-7